Die Ausstellung »Über die, die in Deutschland waren« möchte auf die komplexe Geschichte der mosambikanischen Vertragsarbeiter in der DDR und ihren in Deutschland lebenden Kindern aufmerksam machen. Ferner will sie der Frage nachgehen, wie sich der Umgang mit Migranten im letzten DDR-Jahrzehnt darstellte und welche Auswirkungen die von Widersprüchen geprägte Politik bis heute hat. Dazu werden drei künstlerische Positionen zusammengebracht, die aus unterschiedlichen Perspektiven und in differenten künstlerischen Medien auf das Thema blicken und ganz persönliche Geschichten der „Madgermanes“ – was so viel bedeutet wie „die, die in Deutschland waren“ – aufzeigen.
»Über die, die in Deutschland waren« hat sich zum Ziel gesetzt, einen Beitrag zur Aufarbeitung dieser jüngeren DDR-Vergangenheit zu leisten. Die Ausstellung möchte ein künstlerisches Gegenmoment zu den aktuellen sozio-politischen Entwicklungen und ein öffentliches Bewusstsein für die Notwendigkeit von Integration schaffen. Dazu werden drei künstlerische Positionen zusammengebracht, die aus unterschiedlichen Perspektiven und in differenten Medien auf das Thema blicken:
In ihrer vierten Graphic Novel »Madgermanes« hat Birgit Weyhe – nach intensiven Recherchen und zahlreichen persönlichen Begegnungen – drei fiktive Charaktere erschaffen, die ihre Leben in der DDR erzählen. Anabela, José und Basilo berichten von ihren Erfahrungen von Fremdheit, Heimat und kultureller Identität. Weyhes Comic lässt die betroffenen Vertragsarbeiter selbst zu Wort kommen, es weiß die Zerrissenheit ihrer Protagonisten mit allegorischen Motiven zum Ausdruck zu bringen und verbindet afrikanische und europäische Bild- und Erzählwelten miteinander. Der Fotograf und Filmemacher Malte Wandel hat mit seiner Diplomarbeit und der ersten Buchpublikation „Einheit, Arbeit, Wachsamkeit. Die DDR in Mosambik“ eine eindrucksvolle Dokumentation vorgelegt, in der er die Spuren der DDR in Mosambik dokumentierte. Seit mehreren Jahren widmet sich Wandel den »Kindern der Madgermanes«. Hierfür reiste er durch Ostdeutschland, sprach mit Zeitzeugen, sammelte Archivmaterialien und erkundete eine ihm bis dahin unbekannte, ostdeutsche Lebenswelt. Seine Recherchen manifestieren sich in sorgfältig komponierten Konstellationen aus großformatigen Fotografien und persönlichen Dokumenten, sowie in umfangreichen Videoinstallationen. Der mosambikanische Künstler Félix Mula eröffnet uns die Perspektive von zurückgekehrten Mosambikanern. Während der Ausstellungsdauer wird Mula den Erzählungen und Erinnerungen verschiedener, teilweise bereits verstorbenen Vertragsarbeiter nachgehen und als eine Art Botschafter, die Orte aufsuchen, an denen diese gelebt und gearbeitet haben. Seine Präsentation in Gera, die sich an der Schnittstelle von Fotografie und Installation bewegt, wird Vergangenheit und Gegenwart, Erinnerung und tatsächliche Erfahrung miteinander verschränken.
Dank der Unterstützung von Malte Wandel kann die Ausstellung auf direkte Kontakte zu vielen ehemaligen Vertragsarbeitern zurückgreifen, insbesondere auch zur Mosambikanische Gesellschaft in Deutschland e. V. (Comunidade Moçambicana na Alemanha (C.M.A.). Ihr Wohlwollen zeigt sich in der Bereitschaft sich an dem Begleitprogramm vor Ort zu beteiligen. Darüber hinaus konnte der Kunstverein Gera e.V. Nelson Ernesto Munheguete einladen, der erstmals nach 27 Jahren wieder nach Deutschland kommt und die Ausstellung als Zeitzeuge und mit seinen Liedern bereichern wird.
»Über die, die in Deutschland waren« wird begleitet von weiteren Veranstaltungen, mit Vorträge, Künstlergesprächen, Lesungen und Filmpräsentationen. Zudem findet ein Fußball-Freundschaftsspiel zwischen ehemaligen Vertragsarbeitern und einer Geraer Stadtauswahl statt. Anlässlich der Ausstellung erscheint eine exklusive Edition mit jeweils einem Werk von Malte Wandel und Birgit Weyhe, deren Verkaufserlös zur finanziellen Unterstützung der Ausstellung, des Rahmenprogramms und des Kunstverein Gera e.V. verwendet wird.
Kuratiert von Christian Ganzenberg.